Praktikum in der Martinsschule
Nachträglich der Bericht über das Praktikum im Februar diesen Jahres 2010 in der Waldorfheilpädagogischen Einrichtung Martinschule.
Mein Praktikum in der freien Waldorfschule
Martinsschule in Laatzen Grasdorf
Im Februar 2010
Einleitender Reimvers zur Vorstellung
Vor den Mitstudenten bei der Wiederkehr
Fürs Praktikum dacht ich schon lang
Frage ich bei dem Herrn Uhlmann an
Er hatte auch nichts dagegen
Dies kam so ganz gelegen
Die Vorabsprache kurz gehalten
Wir werden es schön gestalten
„Komm erst mal bei uns an,
alles weitere sehen wir dann!“
Den Wochenplan noch überreicht,
da sah ich schon, es wird nicht leicht!
Die Schule bunt beschrieben,
und auch die Kinder Lieben.
Klopfenden Herzens mit nervöser Natur
Folgte ich dann seiner Spur.
Er ist ein Mann, der Vieles kann,
gewissenhaft geht er dann ran.
Hat vieles um die Ohren,
ging trotzdem nix verloren.
Zu tun bekam ich in Kürze
Dies gab der Zeit die Würze
Ging vorsichtig auf die Schüler zu
Wir schlossen uns ins Herz im Nu
Berührungsängste hatte keiner
Jeder lernt nach Rudolf Steiner
Sie zeigten sich sehr offen dann
Kam ich mit neuer Übung an
War selbst erstaunt, wie es so klappt
Dabei war Niemand eingeschnappt
Sehr schnell voran ging es zwar nicht,
um so besser lernten wir das Gedicht.
Ich zeigte Ideen und Fantasie
So langweilten wir uns nie.
Besonders lieb ich die 3. Klasse gewann,
mit der ich früh den Hauptunterricht begann.
Sie nahmen mich fest in den Arm
Ums Herzen wurde mir dann warm
Zu wild war mir die Achte
Der Lehrer drüber lachte
Sie steckten in der Pubertät
Ihr ahnt, woher der Wind dann weht.
Sie waren nicht nur laut
Ihre Sprüche sehr versaut.
Die Siebte kam mir auch sehr nah
Nahm ich sie doch sehr deutlich wahr
Ich frage mich
nur sicherlich
„Was können sie wohl leisten,
wie folgen wohl die Meisten?“
Doch darf ich nicht vergessen,
mich selbst auch zu bemessen.
Den Überblick behalten
Beim Unterricht gestalten
Text sprechen und bewegen
Hauptaugenmerk verlegen
!Achte nicht nur auf Dich allein
die Schüler müssen wichtig sein!
Im Rhythmus zu agieren
Den Mut nicht gleich verlieren
Als Schwäche es sich zeigte,
ich nicht zur Strenge neigte.
Fest an die Hand zu nehmen,
das war nicht mein Benehmen
Ich glaub es ging ganz gut,
Nun hab ich neuen Mut!
Mal sehn, was ich draus mache
Vielleicht wird’s meine Sache?!
Allgemeine Beschreibung
Die freie Martinsschule ist eine Heilpädagogische Einrichtung und Förderschule für seelenpflegebedürftige Kinder und Jugendliche. Es gibt 12 Schuljahrgänge mit jeweils einer Klasse, ein Kindergarten ist ebenfalls im Gebäude untergebracht. Ein festangestellter heilpädagogischer Klassenlehrer begleitet eine Klasse von der Einschulung bis zur Oberstufe etwa 8. Klasse, danach steht er den Schülern als Klassenbetreuer zur Verfügung. Ihm zur Seite stehen 1 bis 2 Sozialhelfer/ Assistenten und Praktikanten o. Zivi´s, die den schwächeren Schülern zur Hand gehen und Einzelbetreuung möglich machen.
In der Martinsschule sind zwei Eurythmielehrer angestellt, die sich gegenseitig musikalisch bei dem Unterricht des jeweils Anderen begleiten. Zumeist am Klavier, für Kindergarten und Unterstufen Glockenspiel und anderes Klingendes.
Erwartungen und Vorbesprechung
Da ich im Umgang mit Kindern und Jugendlichen sehr unerfahren und selbstkritisch war, zog ich es vor, einen vom Merztheater her bekannten Eurythmielehrer im Praktikum begleiten zu wollen, ohne zunächst die Schulform in Betracht zu ziehen. Allerdings ist Heileurythmie eine sehr interessante Abzweigung unseres Faches, mit der ich mich nach der Ausbildung gern noch näher beschäftigen würde und die gerade in derartigen Einrichtungen nötig bzw. wichtig ist. Somit war die Möglichkeit in der Heilpädagogischen Einrichtung das Praktikum zu machen, doppelt wertvoll, denn auch wenn ich nicht an der Heileurythmie selber teilnahm, lernte ich das Einsatzklientel, sprich die Schüler, denen Heileurythmie gegeben wurde und den körperlich seelischen Bedarf danach – zumindest ansatzweise in einer Ahnung davon - kennen.
Um mir selber die Nervosität und Angst zu nehmen beschloss ich vorurteilsfrei und offen auf die Schüler zu zugehen. Auch wusste ich von den Erzählungen, dass diese Schüler weder Berührungsängste kennen noch die persönlichen Grenzen ihres Gegenübers wahrnehmen können. Ich sagte mir, wenn ein Schüler sich in meine Arme flüchtet, werde ich ihn schützend liebevoll annehmen.
Der Hinweis der uns mitgegeben wurde, war, dass wir ohne Stress den Eurythmieunterricht wahrnehmen sollen:
Folgendes sei besonders zu beachten und im Praktikumbericht zu beschreiben:
- Wie ist die Ansprache des Lehrers an die verschiedenen Klassenstufen?
- Was sind die Themen und Formen der verschiedenen Stufen?
- Wie verändert sich der Unterricht von 1-12
- Wie ist der Aufbau des Unterrichtes innerhalb der 4 Wochen
- Exemplarische Entwicklung eines Stückes
- Wie erspürt der Lehrer/ die Lehrerin die emotionale Lage der Schüler vor dem Unterricht
Bei einer kurzen Vorabsprache beschrieb und erklärte der Eurythmielehrer, den ich den Februar über begleiten wollte, die Schule, die Schüler und den Unterricht, übergab mir einen ersten Wochenstundenplan und schon ein paar Ideen, in welcher Klassenstufe ich nach einiger Zeit eine leichte Übung übernehmen könne/ solle.
Mein Einwand war sofort, dass ich die Schüler erst kennen lernen wolle und erspüren wollte, was ich mir und ihnen im Umgang zutrauen können würde.
Hinzu kam als Schicksalswink die Zweiwöchige Abwesenheit der 2. Eurythmielehrerin und somit für den einen Eurythmielehrer mehr Klassen zu betreuen und für mich einen größeren Spielraum, für Übungen in den verschiedensten Klassenstufen.
Örtlichkeiten
Arbeitsplatz des Klavierspielers/ Eurythmielehrers auf der Bühne des großen Saales
Der Saal von der anderen Seite des Vorhanges also auch „Zuschauerraum“
Und Treffpunkt der gesamten Schule zum Morgenkreis zu Beginn eines jeden Schultages
Es gibt 2 Orte bzw. Räume/ Säle, in denen Eurythmie unterrichtet wurde. Für Kindergarten, Unter- und Mittelstufe war der große Raum in der 1. Etage, für die Oberstufe wurde die Bühne genutzt, die durch einen riesigen schweren Vorhang (vom Opernhaus vererbt) vom großen Saal getrennt war und den Mittelpunkt des Schulgebäudes bildete.
Bis zur 8. Klasse einschließlich holt der Eurythmielehrer die Schüler aus ihren Klassenzimmern ab und geleitet sie zum Saal. Ab der 7. Klasse tragen die Schüler nur noch Eurythmieschuhe – keine Kleider mehr. Die Lehrerin trug konsequent für jeden Eurythmieunterricht ein Eurythmiekleid, der Lehrer konsequent keines.
Zur Abholung später mehr.
Verlauf des Praktikums
Die ersten 2 Tage der 1. Woche war noch Schonfrist und ich saß tatsächlich zunächst als Zuschauer im Eurythmieunterricht dabei. Dann bekam ich meine ersten Gedichte/ Aufgaben zur Be/Erarbeitung:
Für die 3. Klasse ein Schustergedicht von Hedwig Diestel zu dem ich mir Geschicklichkeitsübungen einfallen lassen sollte, um sie nach der Woche mit den Schülern zu gestalten.
Für die 7. Klasse möge ich ein Gedicht zur Rhythmusgestaltung suchen und Gestaltungsmöglichkeiten ausarbeiten. Als Auswahl war Trochäus, Jambus oder Anapäst gegeben, wobei durchklang, das eine Trochäus wünschenswert sei und ich bekam auch ein Vorschlagsgedicht, welches ich nicht nutzte.
Der Lehrer hatte auch noch ein kleines Musikstück, für welches er gerne Form und Gebärden für eine noch nicht bestimmte Klassenstufe gehabt hätte, dies kam aber dann doch nicht zur Ausführung, dafür Übungen in drei anderen Klassenstufen. Die musikalische Aufgabe wäre mir dann zuviel geworden, haben wir auch gar nicht mehr angeschaut.
In der zweiten Woche war ich Morgens in den ersten beiden Stunden, dem sogenannten Hauptunterricht, in der 3. Klasse dabei. Bis 10:00 Uhr, dann gab es für die Schüler Frühstück und ich bereitete mich für die nächsten Eurythmiestunden vor.
Kurze Lagebesprechung gab es um 10:15 Uhr und um 10:30 Uhr begann die erste Fachstunde. Außer Dienstag, an dem die 4. Klasse um 8:30 Uhr zum Eurythmieunterricht abgeholt wurde.
Die 12. Klasse hatte in meiner zweiten Praktikum-Woche nachmittags Eurythmieunterricht in form einer Epoche, so dass sie intensiver an Stücken gearbeitet haben.
Nur bei Ihnen wurde das 3-teilige Schreiten beübt, das Hauptthema war Wollen-Fühlen-Denken
Zum Spruch:
In dem Herzen webet Fühlen
In dem Haupte leuchtet Denken
In den Gliedern kraftet Wollen
Webendes Fühlen
Kraftendes Leuchten
Webendes Kraften
Das ist der Mensch
Im Kreis schreiten oder auch zur Mitte in Begleitung der Armbewegung der Tierkreisgebärden
Wollen – Stier
Fühlen – Löwe
Denken – Skorpion (ehem. Adler)
Der Mensch – Wassermann
Die Lauteurythmieform zum Gedicht „In der Früh“ von E. Möricke und das Musikstück „Von fremden Ländern“ aus den Kinderszenen Schuhmanns waren mir aus dem Unterricht des Studiums bekannt und hatte sie selber schon beübt.
Bei den letzten 2 Epochentagen mit Ihnen gestaltete und sprach ich die Übung Ballen und Spreizen, das war meine erste geführte Übung im Praktikum.
Am Ende meiner zweiten Woche begann ich mit der 7. Klasse die Rhythmusübung, indem ich ihnen zunächst kurz etwas zum Text erzählte, es war ein Ausschnitt aus dem Sommernachtstraum aus der Rede von Puk, dem frechen Elfenjungen und das Gedicht aufsagte. Sie lauschten sehr aufmerksam meinen Worten und der Text schien ihnen zu gefallen. Danach begannen wir rhythmisch zu gehen und immer auf die Längen einen Schritt zu machen. Zur weiteren Entwicklung dieser Übung erstelle ich einen Extra Punkt als exemplarische Beschreibung.
In der dritten Woche führte ich die mit dem Eurythmielehrer erübte Geschicklichkeitsübung mit der 3. Klasse durch, die sie mit Begeisterung mitmachten, auch wenn einzelne extra Einladungen brauchten. Wir hüpften in die Mitte und wieder hinaus, hoben ein Bein und berührten es, klopften mit der Faust auf die Flache Hand oder aber auch nur mit dem Zeigefinger (Nägel einklopfen und nähen) schritten seitwärts und drehten uns um uns selbst, um dann aber wieder fest auf beiden Beinen zu stehen – über Kreutz um wieder anzukommen und dann Füßen nebeneinander stehend im festen Halt. „Wir sind die Schusterjungen...“
Aber die 3. Klasse waren, durch die morgendliche Anteilnahme der einen Woche lang, sowieso meine Lieblinge und auch ich hatte ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Der Wechsel zu den Übungen mit dem Lehrer war jedes Mal ein kurzes Ausbrechen aus der Konzentration.
Die 11. und 12. Klasse war ab der dritten Woche im Praktikum.
Für die aufgewühlte 5. Klasse (Wahrnehmung der verschiedenen Klassenstufen als Extrapunkt) sollte ich eine Form zu einem Text zum Thema indische Epoche erstellen. Nach einem Formfehler, welche eher in eine spätere Epoche gehörte, wurde die Form vom Lehrer angenommen und mit seiner Hilfe durchgeführt, da es für diese Schüler sehr schwierig war, sich Wege zu merken und dann auch an einem Ort stehen zu bleiben.
Mit der 10. Klasse habe ich die 7-teilige Stabübung auf einen 7-Stern durchgeführt, in der Vereinfachung, das es ein großen 7-Stern im Raum gibt für alle und auf allen 7 Spitzen Positionen ein Schüler steht und immer nur ein Schüler pro Weg läuft. Wir haben die Stabbewegung erst mal im Stehen durchgeführt, dann bin ich mit jedem Schüler nur den Weg zum Nächsten Punkt gelaufen und dann haben wir beides zusammengefügt. Der Lehrer war so lieb und hat uns dazu eine Tonleiter auf dem Klavier gespielt. Diese Übung wollten die Schüler der wiederkehrenden Lehrerin in der darauffolgenden vierten Woche gleich zeigen, da ich aber wegen Unpässlichkeit am Rand sitzen blieb, ergab sich ein Vorführeffekt und klappte nicht ganz so gut!
In der vierten Woche kam noch eine Gebärdenübung zu einem Heldengedicht mit Jung Siegfried mit der 4. Klasse dazu. Die Rhythmusübung der 7. Klasse wurde ausgestaltet und wir probierten die vielfältigsten Variationen.
Ich nahm in der Praktikumzeit an 3 Schulkonferenzen teil, die Donnerstag Abends gehalten wurden. Besonders beeindruckt haben mich die sorgfältigen Schülerbeschreibungen der Kindererzieher aus dem Kindergarten mitsamt einer Anamnese (Krankenbild) und die Textarbeit zur Heilpädagogik Rudolf Steiners als Beispiel eines zwanghaft stehlenden Jungens uns seinem fehlenden Bezug zum Astralleib; es zog ihn immer wieder auf Reisen – erst liebevolle intensive Betreuung durch einen von Rudolf Steiner ausgewählten Lehrer half ihm, damit umzugehen.
Wahrnehmung der verschiedenen Klassenstufen
In bezug auf die Aufgabenstellung der Pädagogischen Ausbilder und einer besonderen Fragestellung des begleitenden Eurythmielehrers zur Selbstrefflektion, Wahrnehmung und Selbsterziehung (Grundlage des anthroposophischen Schulungsweges und wichtiger Bestandteil zum Bestehen eines Lehrers) Die Frage lautete: „Wie geht es Dir mit den verschiedenen Klassenstufen? Welchen Bezug hast Du zu ihnen? Wie sehen Deine Gefühle zu Klassen oder Einzelschülern aus?“
Zunächst hatten mich diese Fragen aufgewühlt, ohne das ich wusste warum, es fiel mir schwer mich selbst in meinen kritischen Betrachtungen mit einzubeziehen.
Kindergarten, sowie 1. und 2. Klasse habe ich nicht kennen gelernt.
Ø 3. Klasse
Sie waren noch verspielt, verträumt und sehr verschmust. Durch die Begleitung der einen Woche des Hauptunterrichtes hatte ich eine engere Beziehung zu ihnen und sie waren sehr anhänglich.
Die Eurythmiekleider und Schuhe zogen sie selbstständig in Mithilfe des Klassenlehrers und Helfers an, die Kleider waren im Klassenschrank untergebracht. Der Eurythmielehrer ruft sie in einer Reihe an der Tür namentlich auf und mit einem gesungenen Liedchen wurde im Gänsemarsch in der Reihe zum Raum gegangen.
Das Grundgerüst des Unterrichtsablaufes ist in jeder Stunde gleich.
Thema der 3. Klasse ist die Quinte als Gebärde und Klang, sowie Handwerkergedichte zu Text und Musik. Die Musik ist noch in der Geschicklichkeitsübung untergebracht und hat noch keine Sonderform.
Ø 4. Klasse
Diese Klasse war wie ihre Klassenlehrerin sehr unnahbar und schwer einzuschätzen. Zwei sehr launische Schüler und 1 Kind im Rollstuhl waren darunter, einer der beiden neigte zu unkontrollierten Wutausbrüchen, die andere war einfach nur bockig. Bei dieser Klasse musste der Lehrer die Eurythmiekleider mitbringen und dafür sorgen, dass sie diese anzogen, wobei ihm aber die Klassenhelfer zur Hand gingen. Es war deutlich zu spüren, dass es zwischen ihm und der Klassenlehrerin Unstimmigkeiten gab und sie ihn vor den Schülern zurecht wies, um ihrem Unmut ihm gegenüber Luft zu machen.
Das Thema dieser Klassenstufe war 4ecks-Verschiebung und Heldensagen.
Zur Musik gab es zwei Reihen, die sich gegenüber standen, sich begegneten, umeinander und voneinander gingen.
Ø 5. Klasse
Sie hatten bei Abholung Kleid und Schuhe an!
Eine ganz gemischte Klasse aus den unterschiedlichsten Schwächen und Stärken. Es viel Ihnen sehr schwer aufmerksam zu bleiben, einige waren darunter, die keine fixierte Wahrnehmung hatten. Ein richtiger Quergeist war dabei, der regelmäßig ausrastete und wüste Beschimpfungen ausstieß aber auf der anderen Seite, wenn er gut gestimmt war, jeden küsste und herzte. Ein kleines zartes Elfenmädchen konnte man einfach nicht in den Unterricht integrieren, da sie ziellos umherwanderte, alles auch unscheinbare, mit größter Bewunderung betrachtete und keiner Aufforderung befolgte.
Ihr Thema: Indien bzw. indische Kulturepoche, eurythmische Elemente zum Einfühlen in die damaligen Gemüter
Ø 6. Klasse
Auch diese Schüler hatten ihre Kleider und Schuhe an, bevor der Eurythmielehrer hinzu kam.
Habe ich nur einmal kurz im Unterricht ganz zu Anfang meiner Praktikumzeit kennen gelernt und danach diese Stunde als Freistunde genutzt!
Sie hatten Stabübungen angelegt und heiteren Auftakt! Ein großer kräftiger Junge mit autistischer Prägung war dabei. Er nahm jeden genau wahr, schlug ihm grob auf den Arm oder tätschelte beim Vorbeigehen Wange oder Schulter, redete fortwährend unzusammenhängend und wiederholend Gesehenes oder Erlebtes.
Ø 7. Klasse
Ab dieser Klassenstufe brauchen die Schüler keine Eurythmiekleider mehr tragen, aber Eurythmieschuhe. Wenn der Lehrer sie zum Unterricht abholte, saßen sie in einem Kreis um den Korb Schuhe herum und er half ihnen sie anzuziehen. Diese Klasse hatte einen besonderen Bezug zu dem Eurythmielehrer, da er auch der Vertreter der Klassenlehrerin, seine Ehefrau, war.
Diese Klasse war sehr überschaubar und freundlich. Mit Ihnen machte es großen Spaß eine Übung über die Praktikumzeit hinweg auszuarbeiten und zu gestalten. Sie waren sehr aufmerksam, auch wenn sie nicht immer die richtigen Wege fanden.
Ihre Themen waren „die Krone“ und Rhythmusübung Trochäus, Musikstück mit angedeuteten Tongebärden
Ø 8. Klasse
Keine Kleider, Schuhe schon angezogen, wenn der Lehrer sie abholte.
Schwierige laute pubertierende Schüler, die kaum zur Ruhe zu bringen waren. Es waren kaum Übungen möglich, sie balgten sich, rauften und zankten. Einen der Schüler musste der Lehrer dauerhaft an die Hand nehmen oder in die Ecke setzen. Da der Lehrer selber sich in ihrer Späße einbeziehen ließ und balgte, hatte er seine Mühen sie dann zur Ordnung zu gemahnen. Sie hatten eine Musikform, die sie je nach Laune tanzten oder hüpften oder schlurfenden Ganges abliefen, sich gegenseitig immer wieder neckend. In der Lauteurythmie begann der Lehrer mit ihnen eine Ballade anzulegen: Nis Randers
Ø 9. und 10. Klasse
Ab dieser Klassenstufe haben die Schüler den Eurythmieunterricht auf der Bühne und werden nicht mehr abgeholt. Der Eurythmielehrer erwartet sie vor Ort mit einem Korb, indem die Eurythmieschuhe aufbewahrt werden. Sie kommen herein, begrüßen den Lehrer und ziehen sich die Schuhe an.
An diese beiden Klassen habe ich keine ausgeprägten Erinnerungen, ihre Themen waren die Stabübungen und der 4er Takt, auch hatten sie eine Spiegelform
Ø 11. Klasse
Auch diese Klasse habe ich nur in einer Unterrichtsstunde kennen gelernt, ihr Thema war: Intervalle Gebärden und Raumformen
Ø 12. Klasse
Dies waren einigermaßen junge Erwachsene, alles männlich, bis auf eine Mitschülerin, die ich erst in der letzten Woche kennen lernte. Sie gaben sich betont lässig und weltmännisch. Sie hatten zur Praktikumzeit eine Woche Eurythmie Epoche, in der sie eine Intervallform zu Musik und eine Form zu Wollen, Fühlen, Denken ausarbeiteten. Auch wurden die Kreisverwandlungen wiederholt und in den letzten Stunden sogar an ihrem Klassenspiel geprobt. Da sie zwei junge Frauen als Praktikantinnen zur Unterrichtbegleitung hatten, gaben sich alle große Mühe. Um sie nicht all zu nervös zu machen oder gar abzulenken, sollte ich keine hautengen, körperbetonten Kleidungsstücke zum Unterricht tragen – was mir nicht schwer fiel.
Unterrichtsablauf
Der Unterrichtsablauf war in allen Klassenstufen gleich. Es begann damit, das sich die Schüler mit einem Lied oder Klavierbegleitung in den Saal kamen und in einen Kreis zogen. Es gab für jede Klassenstufe einen Anfangsspruch mit begleitenden Gebärden. Dann folgt eine Übung, wie das Alphabet, ihr Thema passend zur Klassenstufe und dann ein Rhythmischer Teil mit Musik. Zum Ende stellten sich die Schüler wieder im Kreis auf, der Spruch vom Anfang und die Reihe zog wieder hinaus.
Exemplarische Entwicklung einer Übung
Rhythmus Übung mit der 7. Klasse zum Trochäus ____ ~
Text aus dem Sommernachtstraum von William Shakespeare
Jetzo gähnt Gewölb und Grab
Und, entschlüpft aus kalten Mauern,
Sieht man Geister auf und ab.
Sieht am Kirchhofszaun sie lauern.
Und wir Elfen, die im Tanz
Hekates Gespann umhüpfen
Und, gescheucht vom Sonnenglanz,
Träumen gleich ins Dunkel schlüpfen:
Schwärmen jetzo! Keine Maus
Störe dies geweihte Haus!
An komm ich mit Besenreis,
Flur zu fegen blank und weiß!
Nachdem wir in der ersten Kennenlernstunde zu dem Gedicht rhythmisch auf die Längen gelaufen sind, haben wir uns dem Rhythmus sitzend mit den Händen auf die Knie/ Schenkel klopfend genähert, bevor wir versucht haben ihn laufen. Das wurde schon auf zwei Schulstunden verteilt. Dann habe ich versucht die Klasse in zwei Gruppen zu teilen, sie abwechselnd in einem Kreis aufzustellen und jeweils auf die Länge, lief eine Gruppe einen Bogen außen um die stehen bleibenden oder die andere Gruppe, danach auf die nächste Länge innen um die stehen bleibenden. Da dies noch etwas schwierig war, überlegte ich mir spontan noch eine Abwandlung, die ihnen großen Spaß brachte und schön außer Atem – mich auch! Wir machten einen Sprung auf der Stelle in die Höhe auf die Länge und tippten mit dem Fuß vor uns auf die Kürze, immer abwechselnd rechts oder links.
Fazit
Diese lehrreiche und spannende Praktikumzeit hat mir gezeigt, was es psychisch - wie physisch bedeutet als Lehrer/in zu wirken. Es bedarf einer guten Vorbereitung und Vorarbeit nicht nur theoretisch, sondern auch praktischer Natur für das Arbeiten mit den Schülern, einer geschulten Aufmerksamkeit und Konzentration, einer gewissen Strenge ohne Härte mit sanfter Führung zur Übung. Wie erhalte ich Motivation bei sich wiederholenden Übungen? Was unternehme ich bei Störenfrieden und wie sieht die Maßregelung aus? Sich selber unter Kontrolle behalten, ein Vorbild sein und auch darauf gefasst sein, das die Schüler unerwartet ein Spiegel seiner selbst sein können. Gegenseitigen Respekt aufbauen und Grenzen wahren! Es reicht nicht ein Gedicht auswendig zu können und zu wissen, was dazu zu machen ist, sondern es selber umsetzen können, die Schüler mitnehmen und sie gleichzeitig dabei im Auge zu behalten ist eine ganz besondere Multi-tasking Schulung!
Mein Praktikum in der freien Waldorfschule
Martinsschule in Laatzen Grasdorf
Im Februar 2010
Einleitender Reimvers zur Vorstellung
Vor den Mitstudenten bei der Wiederkehr
Fürs Praktikum dacht ich schon lang
Frage ich bei dem Herrn Uhlmann an
Er hatte auch nichts dagegen
Dies kam so ganz gelegen
Die Vorabsprache kurz gehalten
Wir werden es schön gestalten
„Komm erst mal bei uns an,
alles weitere sehen wir dann!“
Den Wochenplan noch überreicht,
da sah ich schon, es wird nicht leicht!
Die Schule bunt beschrieben,
und auch die Kinder Lieben.
Klopfenden Herzens mit nervöser Natur
Folgte ich dann seiner Spur.
Er ist ein Mann, der Vieles kann,
gewissenhaft geht er dann ran.
Hat vieles um die Ohren,
ging trotzdem nix verloren.
Zu tun bekam ich in Kürze
Dies gab der Zeit die Würze
Ging vorsichtig auf die Schüler zu
Wir schlossen uns ins Herz im Nu
Berührungsängste hatte keiner
Jeder lernt nach Rudolf Steiner
Sie zeigten sich sehr offen dann
Kam ich mit neuer Übung an
War selbst erstaunt, wie es so klappt
Dabei war Niemand eingeschnappt
Sehr schnell voran ging es zwar nicht,
um so besser lernten wir das Gedicht.
Ich zeigte Ideen und Fantasie
So langweilten wir uns nie.
Besonders lieb ich die 3. Klasse gewann,
mit der ich früh den Hauptunterricht begann.
Sie nahmen mich fest in den Arm
Ums Herzen wurde mir dann warm
Zu wild war mir die Achte
Der Lehrer drüber lachte
Sie steckten in der Pubertät
Ihr ahnt, woher der Wind dann weht.
Sie waren nicht nur laut
Ihre Sprüche sehr versaut.
Die Siebte kam mir auch sehr nah
Nahm ich sie doch sehr deutlich wahr
Ich frage mich
nur sicherlich
„Was können sie wohl leisten,
wie folgen wohl die Meisten?“
Doch darf ich nicht vergessen,
mich selbst auch zu bemessen.
Den Überblick behalten
Beim Unterricht gestalten
Text sprechen und bewegen
Hauptaugenmerk verlegen
!Achte nicht nur auf Dich allein
die Schüler müssen wichtig sein!
Im Rhythmus zu agieren
Den Mut nicht gleich verlieren
Als Schwäche es sich zeigte,
ich nicht zur Strenge neigte.
Fest an die Hand zu nehmen,
das war nicht mein Benehmen
Ich glaub es ging ganz gut,
Nun hab ich neuen Mut!
Mal sehn, was ich draus mache
Vielleicht wird’s meine Sache?!
Allgemeine Beschreibung
Die freie Martinsschule ist eine Heilpädagogische Einrichtung und Förderschule für seelenpflegebedürftige Kinder und Jugendliche. Es gibt 12 Schuljahrgänge mit jeweils einer Klasse, ein Kindergarten ist ebenfalls im Gebäude untergebracht. Ein festangestellter heilpädagogischer Klassenlehrer begleitet eine Klasse von der Einschulung bis zur Oberstufe etwa 8. Klasse, danach steht er den Schülern als Klassenbetreuer zur Verfügung. Ihm zur Seite stehen 1 bis 2 Sozialhelfer/ Assistenten und Praktikanten o. Zivi´s, die den schwächeren Schülern zur Hand gehen und Einzelbetreuung möglich machen.
In der Martinsschule sind zwei Eurythmielehrer angestellt, die sich gegenseitig musikalisch bei dem Unterricht des jeweils Anderen begleiten. Zumeist am Klavier, für Kindergarten und Unterstufen Glockenspiel und anderes Klingendes.
Erwartungen und Vorbesprechung
Da ich im Umgang mit Kindern und Jugendlichen sehr unerfahren und selbstkritisch war, zog ich es vor, einen vom Merztheater her bekannten Eurythmielehrer im Praktikum begleiten zu wollen, ohne zunächst die Schulform in Betracht zu ziehen. Allerdings ist Heileurythmie eine sehr interessante Abzweigung unseres Faches, mit der ich mich nach der Ausbildung gern noch näher beschäftigen würde und die gerade in derartigen Einrichtungen nötig bzw. wichtig ist. Somit war die Möglichkeit in der Heilpädagogischen Einrichtung das Praktikum zu machen, doppelt wertvoll, denn auch wenn ich nicht an der Heileurythmie selber teilnahm, lernte ich das Einsatzklientel, sprich die Schüler, denen Heileurythmie gegeben wurde und den körperlich seelischen Bedarf danach – zumindest ansatzweise in einer Ahnung davon - kennen.
Um mir selber die Nervosität und Angst zu nehmen beschloss ich vorurteilsfrei und offen auf die Schüler zu zugehen. Auch wusste ich von den Erzählungen, dass diese Schüler weder Berührungsängste kennen noch die persönlichen Grenzen ihres Gegenübers wahrnehmen können. Ich sagte mir, wenn ein Schüler sich in meine Arme flüchtet, werde ich ihn schützend liebevoll annehmen.
Der Hinweis der uns mitgegeben wurde, war, dass wir ohne Stress den Eurythmieunterricht wahrnehmen sollen:
Folgendes sei besonders zu beachten und im Praktikumbericht zu beschreiben:
- Wie ist die Ansprache des Lehrers an die verschiedenen Klassenstufen?
- Was sind die Themen und Formen der verschiedenen Stufen?
- Wie verändert sich der Unterricht von 1-12
- Wie ist der Aufbau des Unterrichtes innerhalb der 4 Wochen
- Exemplarische Entwicklung eines Stückes
- Wie erspürt der Lehrer/ die Lehrerin die emotionale Lage der Schüler vor dem Unterricht
Bei einer kurzen Vorabsprache beschrieb und erklärte der Eurythmielehrer, den ich den Februar über begleiten wollte, die Schule, die Schüler und den Unterricht, übergab mir einen ersten Wochenstundenplan und schon ein paar Ideen, in welcher Klassenstufe ich nach einiger Zeit eine leichte Übung übernehmen könne/ solle.
Mein Einwand war sofort, dass ich die Schüler erst kennen lernen wolle und erspüren wollte, was ich mir und ihnen im Umgang zutrauen können würde.
Hinzu kam als Schicksalswink die Zweiwöchige Abwesenheit der 2. Eurythmielehrerin und somit für den einen Eurythmielehrer mehr Klassen zu betreuen und für mich einen größeren Spielraum, für Übungen in den verschiedensten Klassenstufen.
Örtlichkeiten
Arbeitsplatz des Klavierspielers/ Eurythmielehrers auf der Bühne des großen Saales
Der Saal von der anderen Seite des Vorhanges also auch „Zuschauerraum“
Und Treffpunkt der gesamten Schule zum Morgenkreis zu Beginn eines jeden Schultages
Es gibt 2 Orte bzw. Räume/ Säle, in denen Eurythmie unterrichtet wurde. Für Kindergarten, Unter- und Mittelstufe war der große Raum in der 1. Etage, für die Oberstufe wurde die Bühne genutzt, die durch einen riesigen schweren Vorhang (vom Opernhaus vererbt) vom großen Saal getrennt war und den Mittelpunkt des Schulgebäudes bildete.
Bis zur 8. Klasse einschließlich holt der Eurythmielehrer die Schüler aus ihren Klassenzimmern ab und geleitet sie zum Saal. Ab der 7. Klasse tragen die Schüler nur noch Eurythmieschuhe – keine Kleider mehr. Die Lehrerin trug konsequent für jeden Eurythmieunterricht ein Eurythmiekleid, der Lehrer konsequent keines.
Zur Abholung später mehr.
Verlauf des Praktikums
Die ersten 2 Tage der 1. Woche war noch Schonfrist und ich saß tatsächlich zunächst als Zuschauer im Eurythmieunterricht dabei. Dann bekam ich meine ersten Gedichte/ Aufgaben zur Be/Erarbeitung:
Für die 3. Klasse ein Schustergedicht von Hedwig Diestel zu dem ich mir Geschicklichkeitsübungen einfallen lassen sollte, um sie nach der Woche mit den Schülern zu gestalten.
Für die 7. Klasse möge ich ein Gedicht zur Rhythmusgestaltung suchen und Gestaltungsmöglichkeiten ausarbeiten. Als Auswahl war Trochäus, Jambus oder Anapäst gegeben, wobei durchklang, das eine Trochäus wünschenswert sei und ich bekam auch ein Vorschlagsgedicht, welches ich nicht nutzte.
Der Lehrer hatte auch noch ein kleines Musikstück, für welches er gerne Form und Gebärden für eine noch nicht bestimmte Klassenstufe gehabt hätte, dies kam aber dann doch nicht zur Ausführung, dafür Übungen in drei anderen Klassenstufen. Die musikalische Aufgabe wäre mir dann zuviel geworden, haben wir auch gar nicht mehr angeschaut.
In der zweiten Woche war ich Morgens in den ersten beiden Stunden, dem sogenannten Hauptunterricht, in der 3. Klasse dabei. Bis 10:00 Uhr, dann gab es für die Schüler Frühstück und ich bereitete mich für die nächsten Eurythmiestunden vor.
Kurze Lagebesprechung gab es um 10:15 Uhr und um 10:30 Uhr begann die erste Fachstunde. Außer Dienstag, an dem die 4. Klasse um 8:30 Uhr zum Eurythmieunterricht abgeholt wurde.
Die 12. Klasse hatte in meiner zweiten Praktikum-Woche nachmittags Eurythmieunterricht in form einer Epoche, so dass sie intensiver an Stücken gearbeitet haben.
Nur bei Ihnen wurde das 3-teilige Schreiten beübt, das Hauptthema war Wollen-Fühlen-Denken
Zum Spruch:
In dem Herzen webet Fühlen
In dem Haupte leuchtet Denken
In den Gliedern kraftet Wollen
Webendes Fühlen
Kraftendes Leuchten
Webendes Kraften
Das ist der Mensch
Im Kreis schreiten oder auch zur Mitte in Begleitung der Armbewegung der Tierkreisgebärden
Wollen – Stier
Fühlen – Löwe
Denken – Skorpion (ehem. Adler)
Der Mensch – Wassermann
Die Lauteurythmieform zum Gedicht „In der Früh“ von E. Möricke und das Musikstück „Von fremden Ländern“ aus den Kinderszenen Schuhmanns waren mir aus dem Unterricht des Studiums bekannt und hatte sie selber schon beübt.
Bei den letzten 2 Epochentagen mit Ihnen gestaltete und sprach ich die Übung Ballen und Spreizen, das war meine erste geführte Übung im Praktikum.
Am Ende meiner zweiten Woche begann ich mit der 7. Klasse die Rhythmusübung, indem ich ihnen zunächst kurz etwas zum Text erzählte, es war ein Ausschnitt aus dem Sommernachtstraum aus der Rede von Puk, dem frechen Elfenjungen und das Gedicht aufsagte. Sie lauschten sehr aufmerksam meinen Worten und der Text schien ihnen zu gefallen. Danach begannen wir rhythmisch zu gehen und immer auf die Längen einen Schritt zu machen. Zur weiteren Entwicklung dieser Übung erstelle ich einen Extra Punkt als exemplarische Beschreibung.
In der dritten Woche führte ich die mit dem Eurythmielehrer erübte Geschicklichkeitsübung mit der 3. Klasse durch, die sie mit Begeisterung mitmachten, auch wenn einzelne extra Einladungen brauchten. Wir hüpften in die Mitte und wieder hinaus, hoben ein Bein und berührten es, klopften mit der Faust auf die Flache Hand oder aber auch nur mit dem Zeigefinger (Nägel einklopfen und nähen) schritten seitwärts und drehten uns um uns selbst, um dann aber wieder fest auf beiden Beinen zu stehen – über Kreutz um wieder anzukommen und dann Füßen nebeneinander stehend im festen Halt. „Wir sind die Schusterjungen...“
Aber die 3. Klasse waren, durch die morgendliche Anteilnahme der einen Woche lang, sowieso meine Lieblinge und auch ich hatte ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Der Wechsel zu den Übungen mit dem Lehrer war jedes Mal ein kurzes Ausbrechen aus der Konzentration.
Die 11. und 12. Klasse war ab der dritten Woche im Praktikum.
Für die aufgewühlte 5. Klasse (Wahrnehmung der verschiedenen Klassenstufen als Extrapunkt) sollte ich eine Form zu einem Text zum Thema indische Epoche erstellen. Nach einem Formfehler, welche eher in eine spätere Epoche gehörte, wurde die Form vom Lehrer angenommen und mit seiner Hilfe durchgeführt, da es für diese Schüler sehr schwierig war, sich Wege zu merken und dann auch an einem Ort stehen zu bleiben.
Mit der 10. Klasse habe ich die 7-teilige Stabübung auf einen 7-Stern durchgeführt, in der Vereinfachung, das es ein großen 7-Stern im Raum gibt für alle und auf allen 7 Spitzen Positionen ein Schüler steht und immer nur ein Schüler pro Weg läuft. Wir haben die Stabbewegung erst mal im Stehen durchgeführt, dann bin ich mit jedem Schüler nur den Weg zum Nächsten Punkt gelaufen und dann haben wir beides zusammengefügt. Der Lehrer war so lieb und hat uns dazu eine Tonleiter auf dem Klavier gespielt. Diese Übung wollten die Schüler der wiederkehrenden Lehrerin in der darauffolgenden vierten Woche gleich zeigen, da ich aber wegen Unpässlichkeit am Rand sitzen blieb, ergab sich ein Vorführeffekt und klappte nicht ganz so gut!
In der vierten Woche kam noch eine Gebärdenübung zu einem Heldengedicht mit Jung Siegfried mit der 4. Klasse dazu. Die Rhythmusübung der 7. Klasse wurde ausgestaltet und wir probierten die vielfältigsten Variationen.
Ich nahm in der Praktikumzeit an 3 Schulkonferenzen teil, die Donnerstag Abends gehalten wurden. Besonders beeindruckt haben mich die sorgfältigen Schülerbeschreibungen der Kindererzieher aus dem Kindergarten mitsamt einer Anamnese (Krankenbild) und die Textarbeit zur Heilpädagogik Rudolf Steiners als Beispiel eines zwanghaft stehlenden Jungens uns seinem fehlenden Bezug zum Astralleib; es zog ihn immer wieder auf Reisen – erst liebevolle intensive Betreuung durch einen von Rudolf Steiner ausgewählten Lehrer half ihm, damit umzugehen.
Wahrnehmung der verschiedenen Klassenstufen
In bezug auf die Aufgabenstellung der Pädagogischen Ausbilder und einer besonderen Fragestellung des begleitenden Eurythmielehrers zur Selbstrefflektion, Wahrnehmung und Selbsterziehung (Grundlage des anthroposophischen Schulungsweges und wichtiger Bestandteil zum Bestehen eines Lehrers) Die Frage lautete: „Wie geht es Dir mit den verschiedenen Klassenstufen? Welchen Bezug hast Du zu ihnen? Wie sehen Deine Gefühle zu Klassen oder Einzelschülern aus?“
Zunächst hatten mich diese Fragen aufgewühlt, ohne das ich wusste warum, es fiel mir schwer mich selbst in meinen kritischen Betrachtungen mit einzubeziehen.
Kindergarten, sowie 1. und 2. Klasse habe ich nicht kennen gelernt.
Ø 3. Klasse
Sie waren noch verspielt, verträumt und sehr verschmust. Durch die Begleitung der einen Woche des Hauptunterrichtes hatte ich eine engere Beziehung zu ihnen und sie waren sehr anhänglich.
Die Eurythmiekleider und Schuhe zogen sie selbstständig in Mithilfe des Klassenlehrers und Helfers an, die Kleider waren im Klassenschrank untergebracht. Der Eurythmielehrer ruft sie in einer Reihe an der Tür namentlich auf und mit einem gesungenen Liedchen wurde im Gänsemarsch in der Reihe zum Raum gegangen.
Das Grundgerüst des Unterrichtsablaufes ist in jeder Stunde gleich.
Thema der 3. Klasse ist die Quinte als Gebärde und Klang, sowie Handwerkergedichte zu Text und Musik. Die Musik ist noch in der Geschicklichkeitsübung untergebracht und hat noch keine Sonderform.
Ø 4. Klasse
Diese Klasse war wie ihre Klassenlehrerin sehr unnahbar und schwer einzuschätzen. Zwei sehr launische Schüler und 1 Kind im Rollstuhl waren darunter, einer der beiden neigte zu unkontrollierten Wutausbrüchen, die andere war einfach nur bockig. Bei dieser Klasse musste der Lehrer die Eurythmiekleider mitbringen und dafür sorgen, dass sie diese anzogen, wobei ihm aber die Klassenhelfer zur Hand gingen. Es war deutlich zu spüren, dass es zwischen ihm und der Klassenlehrerin Unstimmigkeiten gab und sie ihn vor den Schülern zurecht wies, um ihrem Unmut ihm gegenüber Luft zu machen.
Das Thema dieser Klassenstufe war 4ecks-Verschiebung und Heldensagen.
Zur Musik gab es zwei Reihen, die sich gegenüber standen, sich begegneten, umeinander und voneinander gingen.
Ø 5. Klasse
Sie hatten bei Abholung Kleid und Schuhe an!
Eine ganz gemischte Klasse aus den unterschiedlichsten Schwächen und Stärken. Es viel Ihnen sehr schwer aufmerksam zu bleiben, einige waren darunter, die keine fixierte Wahrnehmung hatten. Ein richtiger Quergeist war dabei, der regelmäßig ausrastete und wüste Beschimpfungen ausstieß aber auf der anderen Seite, wenn er gut gestimmt war, jeden küsste und herzte. Ein kleines zartes Elfenmädchen konnte man einfach nicht in den Unterricht integrieren, da sie ziellos umherwanderte, alles auch unscheinbare, mit größter Bewunderung betrachtete und keiner Aufforderung befolgte.
Ihr Thema: Indien bzw. indische Kulturepoche, eurythmische Elemente zum Einfühlen in die damaligen Gemüter
Ø 6. Klasse
Auch diese Schüler hatten ihre Kleider und Schuhe an, bevor der Eurythmielehrer hinzu kam.
Habe ich nur einmal kurz im Unterricht ganz zu Anfang meiner Praktikumzeit kennen gelernt und danach diese Stunde als Freistunde genutzt!
Sie hatten Stabübungen angelegt und heiteren Auftakt! Ein großer kräftiger Junge mit autistischer Prägung war dabei. Er nahm jeden genau wahr, schlug ihm grob auf den Arm oder tätschelte beim Vorbeigehen Wange oder Schulter, redete fortwährend unzusammenhängend und wiederholend Gesehenes oder Erlebtes.
Ø 7. Klasse
Ab dieser Klassenstufe brauchen die Schüler keine Eurythmiekleider mehr tragen, aber Eurythmieschuhe. Wenn der Lehrer sie zum Unterricht abholte, saßen sie in einem Kreis um den Korb Schuhe herum und er half ihnen sie anzuziehen. Diese Klasse hatte einen besonderen Bezug zu dem Eurythmielehrer, da er auch der Vertreter der Klassenlehrerin, seine Ehefrau, war.
Diese Klasse war sehr überschaubar und freundlich. Mit Ihnen machte es großen Spaß eine Übung über die Praktikumzeit hinweg auszuarbeiten und zu gestalten. Sie waren sehr aufmerksam, auch wenn sie nicht immer die richtigen Wege fanden.
Ihre Themen waren „die Krone“ und Rhythmusübung Trochäus, Musikstück mit angedeuteten Tongebärden
Ø 8. Klasse
Keine Kleider, Schuhe schon angezogen, wenn der Lehrer sie abholte.
Schwierige laute pubertierende Schüler, die kaum zur Ruhe zu bringen waren. Es waren kaum Übungen möglich, sie balgten sich, rauften und zankten. Einen der Schüler musste der Lehrer dauerhaft an die Hand nehmen oder in die Ecke setzen. Da der Lehrer selber sich in ihrer Späße einbeziehen ließ und balgte, hatte er seine Mühen sie dann zur Ordnung zu gemahnen. Sie hatten eine Musikform, die sie je nach Laune tanzten oder hüpften oder schlurfenden Ganges abliefen, sich gegenseitig immer wieder neckend. In der Lauteurythmie begann der Lehrer mit ihnen eine Ballade anzulegen: Nis Randers
Ø 9. und 10. Klasse
Ab dieser Klassenstufe haben die Schüler den Eurythmieunterricht auf der Bühne und werden nicht mehr abgeholt. Der Eurythmielehrer erwartet sie vor Ort mit einem Korb, indem die Eurythmieschuhe aufbewahrt werden. Sie kommen herein, begrüßen den Lehrer und ziehen sich die Schuhe an.
An diese beiden Klassen habe ich keine ausgeprägten Erinnerungen, ihre Themen waren die Stabübungen und der 4er Takt, auch hatten sie eine Spiegelform
Ø 11. Klasse
Auch diese Klasse habe ich nur in einer Unterrichtsstunde kennen gelernt, ihr Thema war: Intervalle Gebärden und Raumformen
Ø 12. Klasse
Dies waren einigermaßen junge Erwachsene, alles männlich, bis auf eine Mitschülerin, die ich erst in der letzten Woche kennen lernte. Sie gaben sich betont lässig und weltmännisch. Sie hatten zur Praktikumzeit eine Woche Eurythmie Epoche, in der sie eine Intervallform zu Musik und eine Form zu Wollen, Fühlen, Denken ausarbeiteten. Auch wurden die Kreisverwandlungen wiederholt und in den letzten Stunden sogar an ihrem Klassenspiel geprobt. Da sie zwei junge Frauen als Praktikantinnen zur Unterrichtbegleitung hatten, gaben sich alle große Mühe. Um sie nicht all zu nervös zu machen oder gar abzulenken, sollte ich keine hautengen, körperbetonten Kleidungsstücke zum Unterricht tragen – was mir nicht schwer fiel.
Unterrichtsablauf
Der Unterrichtsablauf war in allen Klassenstufen gleich. Es begann damit, das sich die Schüler mit einem Lied oder Klavierbegleitung in den Saal kamen und in einen Kreis zogen. Es gab für jede Klassenstufe einen Anfangsspruch mit begleitenden Gebärden. Dann folgt eine Übung, wie das Alphabet, ihr Thema passend zur Klassenstufe und dann ein Rhythmischer Teil mit Musik. Zum Ende stellten sich die Schüler wieder im Kreis auf, der Spruch vom Anfang und die Reihe zog wieder hinaus.
Exemplarische Entwicklung einer Übung
Rhythmus Übung mit der 7. Klasse zum Trochäus ____ ~
Text aus dem Sommernachtstraum von William Shakespeare
Jetzo gähnt Gewölb und Grab
Und, entschlüpft aus kalten Mauern,
Sieht man Geister auf und ab.
Sieht am Kirchhofszaun sie lauern.
Und wir Elfen, die im Tanz
Hekates Gespann umhüpfen
Und, gescheucht vom Sonnenglanz,
Träumen gleich ins Dunkel schlüpfen:
Schwärmen jetzo! Keine Maus
Störe dies geweihte Haus!
An komm ich mit Besenreis,
Flur zu fegen blank und weiß!
Nachdem wir in der ersten Kennenlernstunde zu dem Gedicht rhythmisch auf die Längen gelaufen sind, haben wir uns dem Rhythmus sitzend mit den Händen auf die Knie/ Schenkel klopfend genähert, bevor wir versucht haben ihn laufen. Das wurde schon auf zwei Schulstunden verteilt. Dann habe ich versucht die Klasse in zwei Gruppen zu teilen, sie abwechselnd in einem Kreis aufzustellen und jeweils auf die Länge, lief eine Gruppe einen Bogen außen um die stehen bleibenden oder die andere Gruppe, danach auf die nächste Länge innen um die stehen bleibenden. Da dies noch etwas schwierig war, überlegte ich mir spontan noch eine Abwandlung, die ihnen großen Spaß brachte und schön außer Atem – mich auch! Wir machten einen Sprung auf der Stelle in die Höhe auf die Länge und tippten mit dem Fuß vor uns auf die Kürze, immer abwechselnd rechts oder links.
Fazit
Diese lehrreiche und spannende Praktikumzeit hat mir gezeigt, was es psychisch - wie physisch bedeutet als Lehrer/in zu wirken. Es bedarf einer guten Vorbereitung und Vorarbeit nicht nur theoretisch, sondern auch praktischer Natur für das Arbeiten mit den Schülern, einer geschulten Aufmerksamkeit und Konzentration, einer gewissen Strenge ohne Härte mit sanfter Führung zur Übung. Wie erhalte ich Motivation bei sich wiederholenden Übungen? Was unternehme ich bei Störenfrieden und wie sieht die Maßregelung aus? Sich selber unter Kontrolle behalten, ein Vorbild sein und auch darauf gefasst sein, das die Schüler unerwartet ein Spiegel seiner selbst sein können. Gegenseitigen Respekt aufbauen und Grenzen wahren! Es reicht nicht ein Gedicht auswendig zu können und zu wissen, was dazu zu machen ist, sondern es selber umsetzen können, die Schüler mitnehmen und sie gleichzeitig dabei im Auge zu behalten ist eine ganz besondere Multi-tasking Schulung!
Lyriel - 10. Jul, 11:30